Aktuelles

 

Abgasmanipulation: Auch Thermofenster berechtigt zum Schadensersatz (EuGH Entscheidung vom 21.03.2023)

Im September 2015 wurde erstmals die Manipulation von Fahrzeugabgasen seitens der Hersteller in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die Fahrzeuge waren mit einer prüfstandserkennenden Abschalteinrichtung der Abgasreinigung ausgerüstet.

Im Ergebnis wurden in Nordamerika alle betroffenen Kunden entschädigt. In Deutschland musste jeder Käufer einzeln auf Schadensersatz oder Rückabwicklung klagen bzw. sich im Rahmen der sogenannten Musterfeststellungsklage (Masseverfahren) in ein Register eintragen.  Ohne Einzelklage konnte nur ein meist unattraktiver Vergleich erreicht werden. Zu Beginn wurden sämtliche Klagen abgewiesen.

Seit 2015 werden jedes Jahr neue Manipulationen des Abgasverhaltens durch die Hersteller bekannt. Statt einer einfachen Prüfstandserkennung haben einige Hersteller versucht, die Manipulation besser zu verstecken. Vielfach wurde ein sogenanntes Thermofenster in die Fahrzeuge eingebaut.

Thermofenster bedeutet, dass die Abgasrückführung verringert wird, wenn die Außentemperaturen unter einem bestimmten Schwellenwert liegen (Temperaturfenster). Eine solche Abschalteinrichtung hat höhere Stickstoffoxid (NOx)-Emissionen zur Folge. Nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zur Typengenehmigung von Fahrzeugen ist eine derartige Einrichtung verboten.

Bislang haben die Hersteller sich bei Bekanntwerden einer derartigen temperaturabhängigen Abschalteinrichtung vor Gericht darauf berufen, dass sie nicht vorsätzlich gehandelt hätten. Ziel sei der Schutz des Motors gewesen. Eine Schädigung sei allenfalls fahrlässig erfolgt.

Wie bereits zu Beginn des Abgasskandals im Jahr 2015 wiesen die Gerichte die Klagen gegen die Hersteller mehrheitlich ab. Ein Schadensersatzanspruch bestünde bei Fahrlässigkeit nicht, entschied der Bundesgerichtshof (13.07.2021 - VI ZR 128/20). Dies vor dem Hintergrund, dass die EG Verordnung zur Typengenehmigung den einzelnen Verbraucher nicht schütze. Diese Rechtslage sei eindeutig (act claire), daher sei eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich.

Das Landgericht Ravensburg ließ die Frage dennoch durch die Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg beantworten.

Mit Entscheidung vom 21.03.2023 (Rechtssache C-100/21) hat der EuGH entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschieden:

Die Bestimmungen der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit denen der Verordnung Nr. 715/2007 neben den allgemeinen Rechtsgütern schützen die Einzelinteressen des individuellen Käufers eines Kraftfahrzeugs gegenüber dessen Hersteller, wenn dieses Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Die Mitgliedstaaten müssen daher vorsehen, dass der Käufer eines solchen Fahrzeugs gegen den Hersteller dieses Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz hat.

Derartige Schadensersatzansprüche verjähren 3 Jahre nach dem Ablauf des Jahres der Kenntnisnahme durch den Käufer. Sollten Sie im Januar 2020 oder später davon erfahren haben (Rückrufbescheid), dass in Ihrem Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung (auch Thermofenster) verbaut ist, stehen Ihnen möglicherweise Schadensersatzansprüche zu. Betroffen sind eine Vielzahl von Dieselfahrzeugen.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof in naher Zukunft die Ansprüche von Autokäufern dennoch verneint. Es könnte ein unvermeidbarer Verbotsirrtum zugunsten der Hersteller angenommen werden.

 

Ihr Ansprechpartner zum Thema Kfz- und Verkehrsrecht:

Rechtsanwalt David Degering

Anwalt David Degering

Wir gratulieren unserer Kollegin Frau Rechtsanwältin Eva Meyer zur erfolgreichen Prüfung zur zertifizierten Testamentsvollstreckerin (DVEV).

Rechtsanwältin Eva Mayer

Wir begrüßen unseren neuen Kollegen Herrn Rechtsanwalt David Degering und freuen uns darüber, ihm zu dem Erwerb des Fachanwaltstitels Bank- und Kapitalmarktrecht zu gratulieren.

 

David Degering

Herr Rechtsanwalt David Degering bearbeitet zudem Mandate im Zivilrecht,  im Verkehrsrecht, allgemeinen Schadensrecht sowie im Bereich Autokauf und kann dabei  seine vorhandenen technischen Kenntnisse hervorragend zu Gunsten unserer Mandanten einsetzen.

Arbeitsrecht in der Flutkatastrophe

 

Rheinland-Pfalz erlebt eine der schlimmsten Flutkatastrophen in seiner Geschichte. Hieraus ergeben sich schwere Belastungen für die Menschen. Vermehrt stellen sich aber auch Fragen zum Arbeitsplatz, sowohl für die Betroffenen, als auch für im Katastrophengebiet eingesetzte freiwillige Helfer. Viele Arbeitgeber helfen unbürokratisch mit, indem sie z.B. betroffene Mitarbeiter freistellen. Wir klären hier die ersten Rechtsfragen dazu.

  1. Entgeltfortzahlung für die Opfer der Flutkatastrophe

Ist ein/e Arbeitnehmer/in wegen Naturgewalten (Hochwasser, Sturmschäden …) daran gehindert, zum Arbeitsplatz zu gelangen, muss er seinem Arbeitgeber unverzüglich hiervon Mitteilung machen. In Gebieten, in denen das Handynetz ausgefallen und die Telefonleitungen nicht funktionsfähig sind, kann das äußerst schwierig sein. Dennoch muss der/die Arbeitnehmer/in sich bemühen, zeitnah zu informieren und seine Verhinderungsanzeige nachholen, sobald dies möglich ist. Sollte der/die Arbeitnehmer/in sich schuldhaft nicht rechtzeitig melden, kann dies zur Kürzung der Entgeltfortzahlungsansprüche führen.

§ 616 BGB regelt die Entgeltfortzahlung in Fällen, in denen der/die Arbeitnehmer/in ohne sein Verschulden daran gehindert wird, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Die Hochwasserkatastrophe stellt einen solchen Fall dar, in dem einem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist, am Arbeitsplatz zu erscheinen, solange er kein Dach über dem Kopf hat oder wegen vernichteter Dokumente und Bedrohung seiner Wohnsubstanz zunächst seine eigenen Angelegenheiten klären muss. Der/Die Arbeitnehmer/in muss jedoch persönlich betroffen sein, lediglich Hilfebedarf bei Familienmitgliedern oder im Ort reichen für eine Entgeltfortzahlung nicht aus, so dringend jede helfende Hand auch gebraucht wird.

Zu beachten ist, dass diese gesetzliche Entgeltfortzahlung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag ausgeschlossen werden kann. Sofern eine solche wirksame Regelung existiert, hat der/die Arbeitnehmer/in keinerlei Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Wie lange eine Entgeltfortzahlung für betroffene Arbeitnehmer/innen geleistet werden muss, lässt sich tagemäßig nicht genau angeben. Das Gesetz spricht von einer Zahlungspflicht des Arbeitgebers für eine „nicht wesentliche Zeit“. Maßgebend sind immer die Umstände des Einzelfalls. Unstreitig wird hier eine Lohnfortzahlung für einige Tage erforderlich sein.

  1. Entgeltfortzahlung bei zerstörter Infrastruktur

Arbeitnehmer/innen, die von der Flutkatastrophe nicht persönlich betroffen sind, aber wegen der Schäden ihre Arbeitsstelle nicht erreichen können, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das Risiko des Weges trägt der Arbeitnehmer. Dennoch empfehlen wir, aufgrund der weitgehenden Zerstörungen in manchen Bereichen, mit dem Arbeitgeber zu sprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden, wenn der Zerstörungsgrad der Straßen und Brücken sehr hoch ist.

  1. Betriebsausfall wegen Hochwasser

Grundsätzlich handelt es sich um ein Problem des Arbeitgebers, wenn der Betrieb wegen Überflutung oder anderen Naturereignissen, wegen Stromausfall oder fehlender Telekommunikationsmöglichkeiten nicht arbeiten kann. Bietet der/die Arbeitnehmer/in seine Arbeitsleistung an, dann muss Lohn gezahlt werden, auch wenn das Arbeiten nicht möglich ist.

Vorstellbar ist weiterhin, dass der Betrieb von der Flutkatastrophe derart betroffen ist, dass die Arbeitnehmer/innen bei der Schadensbeseitigung mithelfen müssen. Dies ist unabhängig von der eigentlichen Funktion oder Arbeitsplatzbeschreibung der Mitarbeiter zulässig, solange sich hieraus keine Gesundheitsgefährdung ergibt und der Einsatz erforderlich ist, um Inventar oder Betriebsmittel zu retten bzw. Wassereintritt zu verhindern. Aus der Notsituation kann sich auch ergeben, dass die Arbeitnehmer/innen Überstunden leisten müssen.

  1. Helfer im Einsatz

Wenn einem Helfer der Einsatz im Katastrophengebiet angeordnet wurde, hat er einen Anspruch auf Freistellung und Lohnfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber. Dies ist teilweise sogar gesetzlich geregelt, z.B. im THW-Gesetz und den Brand- und Katastrophenschutzgesetzen der Länder. Der Arbeitgeber darf somit die Freistellung nicht unter Hinweis auf seine betrieblichen Interessen verweigern.

Wir weisen darauf hin, dass bei längeren Einsätzen der Arbeitgeber einen Erstattungsantrag stellen kann.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Wir gratulieren unserer Kollegin Frau Rechtsanwältin Eva Meyer zum bestandenen Fachwaltslehrgang im Insolvenzrecht.

Rechtsanwältin Eva Mayer

Kurzarbeitergeld und Feiertage

Wegen der Corona-bedingten Einschränkungen herrscht in vielen Betrieben Kurzarbeit. Arbeitgeber müssen bei gesetzlichen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten das Arbeitsentgelt fortzahlen, dass der Arbeitnehmer ohne den feiertagsbedingten Arbeitsausfall verdient hätte. Bei Kurzarbeit gilt aber etwas anderes:

Für einen Feiertag während der Kurzarbeit hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Daher gilt weiterhin, dass der Arbeitgeber das Entgelt für den Feiertag zu zahlen hat. Somit entsteht gegenüber einem Arbeitgeber, dessen Unternehmen in Kurzarbeit ist, auch nur ein Anspruch in Höhe des verkürzten Lohns. Denn wäre kein Feiertag gewesen, hätte der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten. Damit erhält er vom Arbeitgeber für den Feiertag ebenfalls dem Kurzarbeitergeld entsprechenden Lohn.

Für Arbeitgeber ist zu beachten, dass auch der „Kurzarbeiterlohn“ am Feiertag zu versteuern und mit Beiträgen zur Sozialversicherung zu belegen ist. Die aufgrund der Corona-Pandemie geltenden Erleichterungen hinsichtlich Entlastung von der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Kurzarbeit gelten nicht für den Feiertagslohn.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Gewerbemiete: Minderung bei Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie?

Mehrere Gerichte haben inzwischen über die Mietzahlungsansprüche der Vermieter von Gewerbeimmobilien entschieden, nachdem die Mieter während des Lockdowns die Miete gemindert oder überhaupt nicht gezahlt haben. Es existieren sowohl Urteile für die Zeit der kompletten Schließung von Geschäften, als auch für Zeiten der Beschränkung der Geschäftstätigkeiten (z.B. Verkaufsflächenbeschränkung auf 800 m² oder Zugangsbeschränkung auf 1 Kunde pro 20 m²).

Eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung lässt sich derzeit noch nicht feststellen. Letztendlich besteht erst Rechtssicherheit, wenn der Bundesgerichtshof über die Frage der Mietminderung wegen der Corona-Beschränkungen entschieden hat. Bis dahin wird es noch einige Zeit dauern, so dass jeder Gewerbemieter sich jetzt entscheiden muss, ob er seine Mietzahlung während der andauernden Zugangsbeschränkungen mindern will und damit den Rechtsstreit mit seinem Vermieter riskiert.

Das Landgericht München hat mieterfreundlich entschieden. Mit einem Urteil von Ende September 2020 bestätigte es die Mietminderung des Betreibers eines Möbelladens. Das Gericht erklärte, die auf einem gesetzlichen Verbot (Schließung der Läden wegen Corona) beruhende Unbenutzbarkeit der Mieträume stelle einen Mangel dar. Das Urteil ist auch deshalb lesenswert, weil sich das Gericht auf mehrere Entscheidungen des Reichsgerichts zu Zeiten des 1. Weltkrieges beruft. Damals waren Tanzveranstaltungen stark eingeschränkt worden, so dass Urteile zur Pachtzinsminderung bei Gastwirtschaften mit Tanzbetrieb existieren. Ebenso bejahte das Reichsgericht die Möglichkeit von Mietminderungen einer Ladenmiete, wenn sich der Geschäftsbetrieb vornehmlich an Badegäste richtet und der Badebetrieb zu Kriegszeiten nach Erlass eines staatlichen Verbotes zum Erliegen kommt.

Das Landgericht München führt aus, dass die coronabedingten Beschränkungen den Nutzungszweck der Mietsache erheblich stören und daher eine Minderung gerechtfertigt sei, die das Gericht schätzte. Im April wurde wegen weitgehender Schließung des Ladens eine Minderung von 80% für angemessen gehalten, bei Verkaufsflächen- und Kundenbegrenzung in den darauffolgenden Monaten sieht das Gericht je nach den Umständen eine Minderung von 15 – 50% des Mietzinses für gerechtfertigt.

Ähnlich aber mit anderer Begründung haben weitere Gerichte, z.B. das Landgericht Mönchengladbach, entschieden, die der Ansicht sind, dass ein Mangel der Mietsache nicht vorliege, aber eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages. Das LG Mönchengladbach hat dabei bei Schließung des Ladens eine Aufteilung des Risikos für gerechtfertigt gehalten und dem Mieter den Einbehalt von 50% der Mietzahlung bestätigt.

Einige Gerichte haben anders entschieden und argumentiert, dass ein Mangel der Mietsache nicht vorliege und der Vermieter seiner Pflicht, die Räume zur vereinbarten Nutzung zur Verfügung zu stellen, nachgekommen ist. Die Landgerichte Heidelberg, Frankfurt am Main und Zweibrücken haben vermieterfreundlich entscheiden. Hier wird argumentiert, die Gebrauchsbeschränkung durch staatliche Verbote sind nur dann Ursache für einen Mangel (und damit Grund für eine Mietminderung), wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand und der Lage der Räume in Zusammenhang stehen (Beispiel: Eine Immobilie wird zum Betrieb eines Restaurants vermietet, mit je einer Damen- und Herrentoilette. Die gesetzlichen Bestimmungen verlangen aber eine weitere (Personal-)Toilette, die nicht vorhanden ist).

Damit trägt laut dieser Gerichtsentscheidungen das Risiko pandemiebedingter Beschränkungen des Geschäftsbetriebs der Mieter und eine Mietminderung ist nicht rechtmäßig. Einige Gerichte machen allerdings eine Einschränkung: Eine Anpassung des Mietvertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage sei denkbar, wenn der Mieter in seiner Existenz bedroht ist. Die bloße Tatsache von Umsatzausfällen reicht hierbei allerdings nicht aus.

Im Ergebnis muss jeder Gewerbemieter die Chancen, Risiken und Kosten einer Mietminderung abwägen und sollte sich diesbezüglich anwaltlich beraten lassen. Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist noch ein langer Atem gefragt.

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Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Corona-Rechtsberatung

Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf vielfältige Rechtsbereiche, insbesondere im Arbeitsrecht, Mietrecht, Reiserecht, Steuerrecht und Verwaltungsrecht. Der Beratungsbedarf besteht nicht nur bei Privatpersonen, sondern in erhöhtem Maße bei Firmen und Gewerbetreibenden. Wir beraten und vertreten Sie zu allen Themenkomplexen im Zusammenhang mit Corona-Rechtsfragen, u.a.

  • Wirksamkeit von Verträgen, insbes. Reise, Veranstaltungstickets
  • Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, Kurzarbeit, Kündigung, steuerrechtliche Fragen
  • Datenschutzrechtliche Beratung, z.B. zu Homeoffice und Videokonferenzen
  • Rechtmäßigkeit behördlicher Anordnungen ggü. Ihrem Betrieb oder Ihnen als Privatperson (Sperrstunde, Quarantäne, Hygienekonzept)
  • Rückzahlungsbescheide Corona-Hilfen
  • Änderungen im Insolvenzrecht
  • Familienrechtliche Fragen zum Umgang in Corona-Zeiten

Arbeitsrecht im Ferienjob

Viele Schüler und Studenten verdienen sich in den Sommerferien Geld in sogenannten Ferienjobs. Auch hier gilt Arbeitsrecht. Wir erklären, was bei diesen Arbeitsverhältnissen besonders zu beachten ist.

Im Grunde handelt es sich bei einem Ferienjob um ein normales Arbeitsverhältnis, das zeitlich begrenzt ist. Aus diesem Grund ist es ratsam, einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen, in dem die wichtigsten Punkte des Arbeitsverhältnisses geregelt sind (Lohn, Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch usw.). Das Arbeitsverhältnis wird in der Regel nur für einige Wochen abgeschlossen. Wenn der Arbeitsvertrag den Beendigungszeitpunkt nennt, endet der Vertrag ohne Kündigung, wenn die vereinbarte Zeit abgelaufen ist.

Im Einzelnen gilt es Folgendes zu beachten:

Lohn

Seit ca. 5 Jahren gilt das Mindestlohngesetz. Es ist auf alle Arbeitnehmer anzuwenden, dh. auch der/die  Schüler/Student/in hat Anspruch auf den Mindestlohn von derzeit 9,35 EUR pro Stunde.  Dies gilt allerdings nur für volljährige Arbeitnehmer. Schüler/innen, die unter 18 Jahre alt sind, haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn.

Sozialversicherungspflicht

Auch befristete Arbeitsverhältnisse in den Ferien unterliegen der Sozialversicherungspflicht, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen Abgaben an die Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Wenn der Verdienst unter 450 EUR pro Monat bleibt, zahlt vorrangig der Arbeitgeber Abgaben. Der Arbeitnehmer zahlt nur geringe Beiträge in die Rentenversicherung, von denen er Befreiung beantragen kann. Außerdem kann man bei dieser Vertragsart über die Eltern in der Familienversicherung krankenversichert bleiben.

Verdient man mehr als 450 EUR im Monat, arbeitet aber maximal drei Monate bzw. 70 Tage im Jahr, spricht man von einem kurzfristigen Minijob. Auch hier fallen für den Arbeitnehmer keine und den Arbeitgeber nur geringe Sozialabgaben an. Die Familienversicherung kann auch hier bestehen bleiben.

Urlaub

Ein Urlaubsanspruch besteht zumindest in Höhe von 1/12 des gesetzlichen Jahresurlaubs für jeden Monat der Beschäftigung.

Krankheit

Wird der Ferienjobber krank, gelten ebenfalls die bekannten arbeitsvertraglichen Regeln: Die Arbeitsunfähigkeit muss angezeigt und durch Bescheinigung des Arztes nachgewiesen werden. Es besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Arbeitszeit

Schüler/innen unter 18 Jahren werden vom Gesetzgeber besonders geschützt und fallen unter das Jugendarbeitsschutzgesetz. Daher sind nur bestimmte Arbeitszeiten erlaubt: Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren dürfen bis zu vier Wochen jobben in der Zeit zwischen 6 und 20 Uhr. Die Tagesarbeitszeit darf nicht mehr als 8 Stunden, die Wochenarbeitszeit nicht mehr als 40 Stunden betragen. Wer zwischen 13 und 14 Jahren alt ist, darf täglich bis zu zwei Stunden leichte und kindgerechte Arbeit ausüben, aber nicht nach 18 Uhr.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Arbeitsrecht:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Telefon- und Videokonferenzen im Homeoffice

Immer noch befinden sich viele Arbeitnehmer im Homeoffice und es ist derzeit üblich, den Kontakt zu den Kollegen, aber auch zu den Kunden oder anderen Geschäftspartnern über Telefon- oder Videokonferenzen zu halten. Hierbei sind trotz Corona-Krise aber einige Voraussetzungen zu beachten, auch zum Schutz der Daten. Der Datenschutz sollte dabei ein essentielles Anliegen des Unternehmens selbst sein, stellt aber auch ein erhebliches Businessrisiko dar, weil bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung Bußgelder bis zu 4% des Jahresumsatzes drohen.

Rechtsgrundlage für den Einsatz von Apps oder anderen Anwendungen zur Abhaltung von Telefon- oder Videokonferenzen ist Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Danach ist der Einsatz zulässig, wenn alle Beteiligten ihre Einwilligung erteilt haben. Sollte das Unternehmen die Einwilligung aller nicht nachweisen können, kommt als Grundlage auch eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO in Betracht. Hierbei müssen betroffene Grundrechtspositionen der Teilnehmer einer solchen Konferenz ausgeglichen werden mit dem Interesse des Unternehmens am Einsatz der Anwendung.

Zunächst stellt sich in vielen Unternehmen die Frage, welche App oder Anwendung überhaupt genutzt werden soll. Dabei beachten Sie Folgendes:

Die Anwendung sollte möglichst sicher sein. Sie sollte nur wenige personenbezogene Daten speichern und insbesondere die Gespräche, es sei denn es besteht im Einzelfall eine besondere Erforderlichkeit seitens der Nutzer, nicht aufzeichnen.

Sollte ein Betriebsrat bestehen, muss dieser an der Einführung beteiligt werden.

Um einen sicheren Einsatz der Anwendungen zu gewährleisten, muss sich jedes Unternehmen intensiv mit den angebotenen Möglichkeiten auseinandersetzen. Als Überblick können wir lediglich raten, folgende Aspekte zu beachten:

  • Bevor Sie beginnen, muss zuallererst ein Auftragsverarbeitungsvertrag mit dem Anbieter der Konferenz-Anwendung abgeschlossen werden. In diesem Vertrag legen Sie auch technische und organisatorische Maßnahmen beim Anbieter fest, die die Datensicherheit gewährleisten. Wir empfehlen die Wahl eines Anbieters mit Sitz und Servern in der EU, da dieser dann automatisch dem Regelungsregime der Datenschutz-Grundverordnung unterliegt. Ist dies nicht der Fall, müssen Sie überlegen, ob der Anbieter für die Datensicherheit ausreichende Garantien bietet.
  • Sie sollten den Teilnehmern von Telefon- und Videokonferenzen vorab eine Datenschutzinformation zur Verfügung stellen.
  • Es muss Zugangsbeschränkungen und sichere Einwahlmöglichkeiten für die Anwendung geben. Vergeben Sie Passwörter und lassen Sie den Beitritt zu einer Konferenz nur zu, wenn der Nutzer sich authentifizieren kann, z.B. über die Nutzung einer besonderen Einladung zum Beitritt, Warteraumfunktion usw. Wenn alle Teilnehmer anwesend sind, können Konferenzen auch geschlossen, also die Einwahl weiterer Personen gesperrt werden.
  • Die Trackingfunktionen der Anwendung (aktiv/inaktiv/Aufmerksamkeit) müssen ausgeschaltet sein, um eine unzulässige Überwachung der Arbeitszeiten des Arbeitnehmers auszuschließen.
  • Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Präsentationen, Protokolle usw. werden separat versendet.
  • Für dennoch gespeicherte Verläufe, Teilnehmerlisten usw. sollten Sie Löschfristen festlegen, damit sie nicht benötigte Daten nicht unnötig lange speichern.
  • Tragen Sie die Telefon- und Videokonferenzen in Ihr Verarbeitungsverzeichnis ein.

Wenn Sie die oben genannten Punkte beachten, können Sie rechtssicher Telefon- und Videokonferenzen durchführen. Zu den Details der einzelnen Anwendungen und Ihren datenschutzrechtlich richtigen Einsatz sollten Sie sich bei Unklarheiten beraten lassen. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

Ihre Ansprechpartnerin zu den Themen Arbeitsrecht und Datenschutz:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Urlaub in der Kurzarbeit

Viele Arbeitnehmer befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Viele Arbeitnehmer haben bereits vor der Corona-Krise Urlaub eingeplant oder entscheiden sich kurzfristig, jetzt Urlaub zu nehmen. Dies ist auch während der Kurzarbeit möglich. Wir erläutern die wichtigsten Fragen hierzu:

Urlaubsantrag

Bereits beantragter und genehmigter Urlaub kann vom Arbeitnehmer genommen werden. Auch jetzt ist ein Urlaubsantrag noch möglich, auch wenn sich der Arbeitnehmer in Kurzarbeit befindet.

Da mit dem Kurzarbeitergeld allerdings ein Abbau von Arbeitsplätzen verhindert werden soll, hat das Kurzarbeitergeld zur Bedingung, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar ist. Der Arbeitgeber kommte Kurzarbeit nur deswegen anmelden, wenn er alles getan hat, um den Arbeitsausfall zu verhindern. Dazu muss z.B. regelmäßig zuerst das Zeitguthaben oder Überstunden abgebaut werden. Vorrangig vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld muss der Arbeitnehmer auch Alturlaub aus 2019 abbauen.

Allerdings wird nach unserem Kenntnisstand derzeit nicht verlangt, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub 2020 zur Vermeidung von Kurzarbeit einsetzt. Von dem vorhandenen Jahresurlaub kann er jedoch – auch in Kurzarbeit – Tage beantragen und nehmen, wenn der Arbeitgeber einverstanden ist.

Kürzung des Urlaubsanspruchs wegen Kurzarbeit

Wir weisen ausdrücklich auf ein Urteil des EuGH (Urteil vom 8. November 2012 - Az: C-229/11 und C-230/11) hin, wonach Kurzarbeiter mit Teilzeitbeschäftigten gleichgesetzt werden können. Dies kann dazu führen, dass sich der Jahresurlaub des Arbeitnehmers verkürzt. Wer also weniger oder keine Arbeit leistet, könnte einen zeitlich entsprechend verringerten Urlaubsanspruch haben. Bisher in der deutschen Rechtsprechung ungeklärt ist, ob zur Kürzung des Urlaubs eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber erforderlich ist.

Urlaubsvergütung

Das Urlaubsentgelt berechnet sich regelmäßig gemäß der durchschnittlichen Vergütung der letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Kurzarbeit darf sich für den Arbeitnehmer nicht nachteilig auf sein Entgelt auswirken. Dennoch kann es zu Kürzungen des Urlaubsentgeltes kommen, zumindest für außerhalb des Mindesturlaubs bestehende Ansprüche (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - Az: C-385/17). Außerdem kann die Kürzung des Urlaubsentgelts im Tarifvertrag geregelt sein, wie dies z.B. im Baugewerbe der Fall ist.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Arbeitsrecht:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Datenschutz: Fragerecht des Arbeitgebers in Corona-Zeiten

Arbeitgeber und Arbeitnehmer fragen immer häufiger an, welche Daten vom Arbeitnehmer erfragt werden dürfen: Darf der Arbeitgeber bei Krankmeldung des Arbeitnehmers z.B. fragen, ob ein Corona-Verdacht oder ein bestätigter Fall vorliegt? Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach der Urlaubsrückkehr fragen, wo er sich aufgehalten hat? Und wie muss ein Arbeitgeber mit Kunden oder Besuchern in der Firma umgehen?

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat Informationen hierzu bereits gestellt:

https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Themen/Gesundheit_Soziales/GesundheitSozialesArtikel/Datenschutz-in-Corona-Pandemie.html

Das grundlegende Problem ist, dass der Arbeitgeber bei Fragen nach dem Gesundheitszustand besonders schützenswerte Daten erhebt und damit die Anforderungen des Datenschutzes in jedem Fall sorgfältig zu beachten sind. Andererseits ist der Arbeitgeber aber aus Fürsorgepflicht auch gehalten, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um seine Mitarbeiter möglichst gut zu schützen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat (ausschließlich für den jetzigen Fall einer Corona-Pandemie) folgende Maßnahmen für zulässig erachtet:

  • Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten (einschließlich Gesundheitsdaten) von Beschäftigten durch den Arbeitgeber, um eine Ausbreitung des Virus unter den Beschäftigten bestmöglich zu verhindern oder einzudämmen. Folgende Fragen sind dabei zulässig:
    • Fragen nach einer Erkrankung des Arbeitnehmers selbst (Corona ja oder nein)
    • Frage, ob Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person bestanden hat
    • Frage, ob in den letzten zwei Wochen ein Aufenthalt in einem vom Robert-Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet eingestuften Gebiet stattgefunden hat.

 

  • Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten (einschließlich Gesundheitsdaten) von Gästen und Besuchern.

Folgende Fragen sind dabei zulässig:

    • Frage nach einer Infektion mit dem Corona-Virus oder Kontakt mit einer nachweislich infizierten Person.
    • Frage, ob in den letzten zwei Wochen ein Aufenthalt in einem vom RKI als Risikogebiet eingestuften Gebiet stattgefunden hat.
    • Frage nach Kontaktdaten für den Fall, dass wegen Infektion eines Mitarbeiters Kontaktpersonen informiert werden müssen. Wenn es für den Betrieb des Arbeitgebers keine behördliche Anordnung hierzu gibt, ist die Angabe von Kontaktdaten allerdings freiwillig, darf dann aber auch ohne expliziten Hinweis oder Einwilligung des Besuchers entsprechend verarbeitet werden (Löschfristen nicht vergessen!)

 

Die Offenlegung personenbezogener Daten von infizierten oder unter Infektionsverdacht stehenden Personen zur Information von Kontaktpersonen ist nur rechtmäßig, wenn die Kenntnis der Identität für die Vorsorgemaßnahmen der Kontaktpersonen ausnahmsweise erforderlich ist. Es reicht also in der Regel die Mitteilung, dass ein Mitarbeiter (ggf. welcher Abteilung) betroffen ist, ohne dass sein Name genannt wird.

Ihre Ansprechpartnerin zu den Themen Datenschutz und Arbeitsrecht:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski

Die Patientenverfügung

Ein Thema, mit dem man sich nur ungerne beschäftigt: Was soll mit mir passieren, wenn ich nicht mehr selbst über meinen Körper und dessen Behandlung entscheiden kann?

Mit einer Patientenverfügung können Sie selbst festlegen, welche Behandlungen Ärzte im Ernstfall durchführen und welche unterbleiben sollen. Haben Sie keine Patientenverfügung erstellt, dann muss durch Ärzte und Angehörige ihr mutmaßlicher Wille ermittelt werden, ggf. wird hierzu auch das Betreuungsgericht eingeschaltet. Dies würde im Zweifelsfall bedeuten, dass Fremde über Ihr Leben oder Ihren Tod entscheiden.

In einer solchen Verfügung können Sie nicht nur festlegen, welche lebenserhaltenden Maßnahmen Sie beispielsweise im Endstadium einer tödlichen Krankheit wünschen und welche gerade zum Erhalt eines Lebens und Sterbens in Würde unterbleiben sollen. Sie können darüber hinaus auch Ihre Vorstellungen zu der Art Ihrer Bestattung oder zu einer Organspende formulieren.

Eine Patientenverfügung kann jedoch nicht nur kurz vor Ihrem Ableben zum Tragen kommen, sondern auch dann, wenn Sie langfristig pflegebedürftig werden sollten und Ihren eigenen Willen nicht mehr selbständig kommunizieren können. Gerade in diesen Situationen können Sie somit unter Umständen Einfluss auf viele Jahre Ihres Lebens nehmen.

Der Bundesgerichtshof hat sich in den vergangenen Jahren vermehrt mit den inhaltlichen Voraussetzungen einer Patientenverfügung auseinandergesetzt und die Anforderungen hieran verschärft. Viele der formularmäßig ausgestalteten Verfügungen sind danach nicht hinreichend konkret, um im Ernstfall den tatsächlichen Willen des Patienten zu ermitteln. Um dies zu vermeiden, ist es empfehlenswert, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Erbrecht:

Rechtsanwältin Eva Meyer

Rechtsanwältin Eva Mayer

Das Corona-Virus im Arbeitsrecht

Die Infektionen mit dem Corona-Virus mehren sich und damit auch die Anstrengungen der Behörden, die Verbreitung des Virus einzudämmen. In diesem Zusammenhang tauchen auch immer mehr Fragen aus dem Arbeitsverhältnis auf. Wir beantworten hier die wichtigsten:

 

1.Mitteilungspflichten gegenüber dem Arbeitgeber und Entgeltfortzahlung

Bei einer Erkrankung mit dem Corona-Virus oder dem Verdacht einer Erkrankung muss eine Meldung an das zuständige Gesundheitsamt erfolgen. Gegenüber dem Arbeitgeber bestehen die bekannten Pflichten gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz sowie dem bestehenden Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber seine Erkrankung/Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitteilen und entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes vorlegen. Die Vorlage der Bescheinigung muss spätestens nach Ablauf von 3 Werktagen erfolgt sein, außer im Arbeitsvertrag ist eine kürzere Frist vereinbart (viele Arbeitgeber vereinbaren die Vorlage der Bescheinigung bereits am 1. Tag der Arbeitsunfähigkeit).

Aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes kann der Arbeitgeber allerdings nicht ersehen, um welche Erkrankung es sich handelt. Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, seinem Arbeitgeber über die Art seiner Erkrankung Auskunft zu erteilen. Allerdings muss ein Arbeitnehmer auch Rücksicht auf die Interessen seines Arbeitgebers nehmen. Hieraus ergibt sich ausnahmsweise eine Mitteilungspflicht für meldepflichtige Erkrankungen. Denn nur wenn Sie Ihrem Arbeitgeber die Diagnose Corona mitteilen, ist er noch in der Lage, Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Betrieb bei Ansteckung von Kollegen aufrechtzuerhalten. Besonders wichtig ist eine sofortige Mitteilung, wenn mit der Ansteckung am Arbeitsplatz besondere Gefahren verbunden sind (z.B. der Arbeitnehmer arbeitet in einem Krankenhaus, Pflegeheim usw).

Bezüglich der Lohnzahlung gilt die übliche Regelung aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Während der ersten 6 Wochen einer Erkrankung hat der Arbeitgeber den Lohn zu zahlen.

 

2. Keine Entgeltfortzahlung bei Quarantäne

Sollte der Arbeitnehmer selbst nicht erkrankt sein, aber wegen Kontakts zu einem Erkrankten unter häusliche Quarantäne gestellt werden, kann er seiner Arbeit in der Regel nicht mehr nachgehen. Eine Fortzahlung des Entgelts nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz kann in diesem Fall nicht beansprucht werden, weil keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Ein Anspruch auf Zahlung des Entgeltes kann sich aus § 616 BGB ergeben, wonach der Arbeitnehmer auch dann einen Lohnanspruch hat, wenn er vorübergehend unverschuldet an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert ist. Diese Regelung kann allerdings im Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen sein. In diesem Fällen hilft das Infektionsschutzgesetz. Wenn die Gesundheitsbehörde eine Quarantäne oder ein Verbot zum Aufsuchen des Arbeitsplatzes verhängt, erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung. Sie entspricht der Höhe nach dem Nettolohn und ist vom Arbeitgeber zu zahlen, welcher einen entsprechenden Erstattungsantrag bei der Gesundheitsbehörde (Frist 3 Monate) stellen kann.

 

3.Kurzarbeit

Sollte der Arbeitgeber aufgrund der Corona-Krise von einem Umsatzrückgang betroffen sein, kann er Kurzarbeit anordnen. Vorrangig ist allerdings die Reduzierung von Zeitguthaben der Arbeitnehmer, also zunächst das Ausgleichen von Überstunden. Der Arbeitgeber muss sodann alle Maßnahmen prüfen, die eine Beschäftigung der Arbeitnehmer ermöglichen, wie z.B. Produktion auf Vorrat, Aufräumarbeiten usw. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist Kurzarbeit zulässig. Der Arbeitgeber muss die Einführung der Kurzarbeit schriftlich bei der Agentur für Arbeit anzeigen und entsprechende Leistungen beantragen. Kurzarbeitergeld wird gezahlt, wenn entsprechende Entgeltausfälle bestehen. Dabei ist auch für Arbeitnehmer wichtig, dass die Ausschlussfrist zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes 3 Monate beträgt!

 

4.Anspruch auf Homeoffice, Schutzmaßnahmen und Arbeitsverweigerung?

Ein Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice. Dies ist zwar grundsätzlich durch eine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer möglich. Dazu müssen allerdings die technischen Voraussetzungen und erforderlichen Geräte zur Verfügung stehen. Außerdem muss der heimische Arbeitsplatz hinsichtlich seiner Ausstattung für das Arbeiten geeignet sein. Der Arbeitnehmer muss gewährleisten, dass auch im Hinblick auf den Datenschutz der Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung zulässig ist. Selbst wenn alle diese Voraussetzungen gegeben sind, kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber aber nicht zwingen, die Arbeit im Homeoffice zu vereinbaren.

Ohne Zweifel führt die momentane Situation dazu, dass Dienstreisen zumindest in bestimmte Länder und Regionen nicht durchgeführt werden sollten und der Arbeitgeber generell die Reisetätigkeit seiner Arbeitnehmer auf das Allernötigste beschränken sollte. Der Arbeitnehmer darf die Arbeit jedoch nicht verweigern, indem er die Dienstreise ablehnt, es sei denn es gilt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes oder ggf. auch des zuständigen Gesundheitsamtes für das Ziel.

Arbeitnehmer dürfen auch nicht die Arbeit aus Angst vor einer Ansteckung verweigern. Dies kann zu einer Abmahnung, schlimmstenfalls zu einer Kündigung führen. Außerdem entfällt die Vergütungspflicht des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erbringt. Etwas anderes gilt nur, wenn es Anordnungen des zuständigen Gesundheitsamtes gibt.

Wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers ein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung birgt, muss der Arbeitgeber über das Tragen von Handschuhen, Mundschutz usw. entscheiden. Der Arbeitnehmer kann dies aber nicht von sich aus tun, wenn der Arbeitgeber dagegen ist. In der Diskussion war vor allem ein Rechtsstreit vor dem Berliner Arbeitsgericht hinsichtlich des Tragens von Mundschutz beim Verkaufspersonal in Duty-Free-Shops der Berliner Flughäfen. Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, Schutzmaßnahmen für seine Arbeitnehmer zu prüfen und bei Gefahr auch sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Schlussendlich hat das Berliner Arbeitsgericht nicht über die Angelegenheit entschieden, weil die Parteien des Rechtsstreits die Sache für erledigt erklärt haben, nachdem der Arbeitgeber erklärte, ein Verbot zum Tragen von Mundschutz und Handschuhen habe es seinerseits nie gegeben. Dennoch kann der Arbeitgeber Schutzkleidung gerade im Kundenverkehr als störend empfinden. Weniger einschneidende Maßnahmen, wie das Vermeiden von Körperkontakt, z.B. durch Händeschütteln, können ebenfalls effektiv sein. Empfehlenswert ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Ansteckungsgefahren sprechen und gemeinsam sinnvolle Maßnahmen ergreifen.

Ihre Ansprechpartnerin zum Thema Arbeitsrecht:

Rechtsanwältin Dr. Marina Bolinski

Marina Bolinski